Ein Gewächshaus für die Nuthe

Ein großes Bauprojekt nimmt gerade mehr und mehr Form an: Bis zum Frühling wird unser Außengelände an der Nuthe ein geodätisches Gewächshaus bekommen. “Geo-..Was?” – Ein Geodome ist eine ganz besondere Bauweise, bei der eine Kuppel aus Dreiecken zusammengefügt wird und sich selbst trägt. Für ein Gewächshaus ist diese Form optimal, da den ganzen Tag Licht und Sonne für die Pflanzen da ist die Form auch gut geeignet ist, um Wasser abzuleiten und dem Wind zu trotzen.

Mit diesem Bauvorhaben nehmen wir am Wettbewerb “Mach was! – Der Handwerkswettbewerb” teil und ungefähr 20 Schüler*innen aus Jahrgang 7-9 bauen im Rahmen dieses Wettbewerbs ein Gewächshaus in dieser ganz besonderen Form. Unterstützt werden wir dabei von Fachleuten: der Tischlerei Schimkat (Jens Lisewitzki) und der Firma Yakone (Marco Hintze und Benno Zindel) und finanziell zusätzlich auch vom Förderverein “Reformstern”. Die Medienwerkstatt Potsdam unterstützt uns bei der Dokumentation: Eine Gruppe von Schüler*innen begleitet das Projekt und erstellt Podcasts dazu.

Die Planungsphase

Im Dezember 2023 fanden die ersten Arbeitstreffen statt. Jugendliche und Erwachsene planten, wie und wo das Gewächshaus entstehen soll und was alles bedacht werden muss – von den Kosten über die Größe und Transportierbarkeit bis hin zu einem Ort, wo im Winter gebaut werden kann. Bei einem Modellworkshop konnten die Schüler:innen mit Gummiringen und Holzspießen selbst ausprobieren, welche Vorteile die Form des Geodomes hat: Dreiecke sind viel stabiler als Quadrate – das gilt auch für die daraus entstehenden geometrischen Formen Pyramide, Ikosaeder oder eben Würfel.

An einem 3D-Planungsprogramm zeigte Benno, wie seine Firma ihre geodätischen Kuppelzelte plant und optimiert. Die Schüler:innen lernten, was 2V bedeutet (die “Auflösung” eines Domes, also die Anzahl der Dreiecke, die zum Bau zusammengefügt werden bzw. die Ähnlichkeit zu einer (Halb-)Kugel der Form) und berechneten die Länge der Dreiecksseiten und ihre Anzahl.

Am 10.1. haben wir entschieden, dass die Verbindungsstücke der Dreiecke mit Flachverbindern ausgeführt werden – die andere Variante aus Plastik hat sich als nicht realisierbar herausgestellt. Nun wird Holz bestellt, außerdem Schleifpapier, Schleifblöcke, Flachverbinder und Schrauben. Ab Januar werden wir die 120 Hölzer zuschneiden und abschleifen. Bei 20 helfenden Händepaaren erscheint die Zahl nicht mehr ganz so groß…. Dann müssen entweder Verbinder oder Hölzer angeschrägt werden, damit aus diesen Hölzern eine Kuppel entstehen kann. Hier tüfteln wir noch an der besten Lösung.

Die Produktionsphase

Im Februar konnte es dann endlich losgehen mit der Holzbearbeitung. Die Aufgabe, 130 sägeraue Latten in glatte Hölzer in der richtigen Länge zu verwandeln, erwies sich als sehr arbeits- und zeitintensiv. Es sind Hölzer in 3 verschiedenen Längen notwendig – 33x Länge A, 44x Länge B, 55x Länge C – und diese müssen auch markiert werden, damit kein Chaos entsteht. Nach und nach stellten sich hier Arbeitsroutinen und Verantwortlichkeiten ein und die vielen Hände und Köpfe organisierten sich in sinnvolle Gruppen, die alle für das große Ganze arbeiteten. Der Arbeitsfortschritt wurde per Strichliste festgehalten (und immer mal wieder durch Nachzählen kontrolliert). Die beteiligten Schüler:innen entwickelten ganz unterschiedliche Herangehensweisen, wie das Sägen und Abschleifen am besten funktioniert. Verschiedene Sägen wurden ausprobiert und ganz unterschiedliche Konstruktionen entwickelt, wie mit Schleifblöcken und Schmirgelpapier am schnellsten perfekte Hölzer produziert werden können: Vom Ein-Mensch-mit-viel-Kraft-Vorgehen über das partnerschaftliche Schleifen mit eingespannten Schleifblöcken bis hin zur zarten Behandlung des Holzes im Sitzen. Am ersten Projekttag (21.2.24) schaffte es die Gruppe immerhin, knapp 100 Hölzer zuzuschneiden und ca. 20 fertig zu schleifen. So wurden aus einem Lattenpaket Hölzer in drei verschiedenen Längen, die dann noch eingeölt werden müssen. Am zweiten Projekttag (28.2.) beschlossen wir, nicht nur auf Manpower zu setzen, sondern nahmen die Bandschleifmaschine und einen Bandschleifer zu Hilfe. Ganz unebene Bretter hobelten wir glatt. Auf diese Weise schafften die fleißigen Arbeiter:innen es an diesem Tag, alle Hölzer zuzuschneiden und 41 von 130 Stück konnten auch schon eingeölt werden. An diesem Tag schauten Jens Lisewitzki und Marco Hintze vorbei und waren beeindruckt vom Arbeitsfortschritt und der Energie der Schüler:innen. Wir besprachen, wie die Flachverbinder gebogen werden können (für diese Variante haben wir uns nun entschieden), so dass die notwendigen 3 Winkelgrößen erreicht werden und die erforderliche hohe Genauigkeit der Winkel gegeben ist.

Wie die Flachverbinder möglichst einfach zu Winkeln zwischen 11° und 12° werden können, hat uns viel Kopfzerbrechen bereitet. Mit dem Hammer draufschlagen – das schien uns zu brutal und ungenau. An die Hölzer schrauben und dann zurechthebeln – hier hatten wir die Befürchtung, dass die Hölzer so viel Kraft nicht aushalten und reißen. Herr Pape hatte die rettende Idee und konstruierte einen Hebel aus Holz. Fest eingespannt in einen großen Schraubstock wird der Hebel auf den Flachverbinder gesetzt und dann lässt sich das 3mm starke Metall biegen. Eine Vorlage und eine Schablone zum Vergleichen sorgen für die nötige Genauigkeit. Gesagt – getan: In der kommenden Woche ging es los und zusätzlich zum Schleifen und Einölen bildete sich eine neue Arbeitsgruppe: die Winkelverantwortlichen. Einer markierte die Mitte der Winkel mit einem Streichmaß, der nächste spannte den Flachverbinder genau in den Schraubstock ein, setzte den Hebel an, bog nach Gefühl und verglich dann mit einem fertigen Winkel und der Schablone. Das war nebem dem endlosen Schleifen eine sehr beliebte Aufgabe.

Die Werkstatt summte und brummte mittlerweile. Alle Tätigkeiten wurden parallel von verschiedenen Arbeitsgruppen ausgeführt und jeder wusste mittlerweile, was A – B – und C bedeutet, worauf beim Schleifen zu achten war und sah das Ende der Produktionsphase nahen.

Nun kam noch eine neue Aufgabe hinzu: das Befestigen der gebogenen Flachverbinder an den Hölzern. Marco hatte uns darauf hingewiesen, dass das der Teil der Arbeit ist, bei dem die höchste Genauigkeit gefragt ist: Wenn die Hölzer plus Verbinder nicht sehr exakt die berechnete Länge haben, wird der Aufbau schwierig oder es muss noch nachjustiert werden. Extra hatten wir uns für die drei verschiedenen Stablängen die Maße auf einem Arbeitstisch angezeichnet, um uns die Arbeit zu erleichtern. Noch ein letztes Mal nachjustieren – und dann kann der letzte Produktionsschritt starten — dachten wir. Beim Anlegen fiel uns auf, dass die Biegung der Winkel nicht an der richtigen Stelle zu sein schien und ein größerer Spalt zwischen Holz und Metall klaffte. Wir kontaktierten Marco, der zuerst nicht erreichbar war. Ratlosigkeit in der Werkstatt. Als sich Marco zurückmeldete, wurde klar, dass er mitten im Stress war und sich auf einer Fahrt zu einer Baustelle befand. Per Foto und unseren Erklärungen konnten wir gemeinsam rekonstruieren, dass wir einen Denkfehler gemacht hatten und die durchgesagten Maße anders zu interpretieren waren. Wir hatten nun verschiedene Möglichkeiten, die alle nicht schön waren: die Winkel an einer anderen Stelle biegen (kam nicht in Frage), alle Hölzer absägen (das wollte keiner) oder die Winkel am Ende kürzen. Diese Möglichkeit erschien und als das geringste Übel und so legten wir los, mit Metallsäge und Feile und mit der Flex. Da nur wenige der Schüler:innen alt genug waren, um die eine vorhandene Flex zu benutzen und das Sägen mit der Metallsäge sehr anstrengend war, unterstützte uns Herr Löbbicke an seinem freien Donnerstag – denn die Zeit drängte. In dieser Woche musste die Produktion abgeschlossen sein, da das zweiwöchige Praktikum in der darauffolgenden Woche für fast alle Teilnehmer:innen startete und der Geodome noch dazu bis zu den Osterferien an der Nuthe stehen sollte.

Auch wenn wohl alle zwischenzeitlich gezweifelt hatten – wir schafften es. Am Donnerstagnachmittag (7.3.2024) gegen 14 Uhr war der letzte Winkel angeschraubt und abgesägt, alle Hölzer eingeölt und nachgezählt. Zeit für ein Eis für alle Helfer:innen und Feierabend!

Die Bauphase

Montag, den 11.3. 2024 hatten wir gemeinsam mit Marco als den Tag des Probeaufbaus im Foyer der Schule vorgesehen. Die Lerngruppe Blau B von Frau Ghasseminia und Herrn Unglaub stand als einzige Lerngruppe dafür bereit – alle anderen waren im Praktikum oder an der Nuthe. Um 9:30 Uhr gings los. Schnell stellten wir fest, dass das Foyer viel zu klein für unseren 8m-Geodome war und wir verlegten den Aufbauplatz kurzerhand nach draußen auf den Schulhof. Marco erklärte, wie der Aufbau funktionieren sollte – in Runden bis nach ganz oben mit einer bestimmten Verknüpfung der Stäbe in den verschiedenen Längen. 15 Stäbe bilden den Kreis am Boden. An jeden der 15 Verbindungspunkte werden 4 Stäbe nach einer bestimmten Logik der Stablängen verschraubt. Hier waren viele Hände gefragten, um den Kreis zu schließen, Stäbe zu halten, an- und abzuschrauben. Alles musste gut festgeschraubt werden, dann hielt die erste Runde ohne Festhalten.

Weiter gings mit Runde zwei. Auch hier waren wieder viele Hände gefragt und die ersten Leitern kamen zum Einsatz. Die ersten der sternförmigen Ecken des Geodomes wurden fertig, von 5 oder 6 Stäben werden sie gebildet. Die 5er-Sterne sind die Ecken des ursprünglichen Ikosaeders, die 6er-Sterne entstehen durch die Annäherung des Körpers an eine Kugel. Mittlerweile war es Mittag geworden und die Kräfte erlahmten etwas. Ein Crêpe vom WAT-Kurs 10 brachte etwas Stärkung, dann gings weiter – begleitet von vielen schaulustigen Primarstufenschüler:innen, die staunten und nachfragten, was hier eigentlich passiert.

Mittlerweile, in Runde drei, musste auf Leitern balanciert werden, um die Stäbe zu verbinden. Zwei lange und eine kleine Leiter standen uns zur Verfügung – und nicht für jede:n war die Arbeit in luftiger Höhe etwas. Das Verbinden der Hölzer wurde schwieriger, weil die Löcher in den Winkeln einen doch recht kurzen Abstand zum Holz hatten und die Hölzer zum Teil aneinanderstießen und sich verkeilten. Mit viel Geduld und häufigem Austarieren klappte es immer besser. Mittlerweile konnten nur noch wenige Schüler:innen mithelfen – die Jungs der Baugruppe bildeten den harten Kern. Die Primarstufe hatte Schulschluss und nun gesellten sich zu den Schüler:innen auch staunende Eltern hinzu.

Un dann, nach fast 4,5 Stunden Arbeit, war das Ende in Sicht. Einige der letzten Hölzer mussten wir – auf der Leiter stehend – noch anschrägen, damit die Winkel verbunden werden konnten. Aber auch das war schnell geschafft und dann konnte auch die letzte Schraube festgezogen werden.

Wir haben es geschafft! Und alles passte ganz erstaunlich gut! Große Zufriedenheit breitete sich bei all der Erschöpfung aus. Eine Form der Konstruktion, wie sie vorher noch nicht angewendet worden war (Yakone verwendet geschweißte Metallverbinder) wurde erfolgreich aufgebaut!

Zwei Tage durften alle in der Schule das “runde Ding” bewundern, bis die Mädchen und ein paar Jungen der Baugruppe am Mittwoch ab dem zweiten Block anrückten zum Abbau. Bei strahlendem Sonnenschein und ausgerüstet mit vielen Maulschlüsseln und Ratschen (Danke ans Kollegium fürs Ausleihen!) dauerte der Abbau nur 2 Stunden. Da wir gemerkt hatten, dass eine deutliche Markierung der Stablängen (farbig und mit Buchstaben) sehr helfen kann, arbeiteten wir hier nach. Auch schrägten wir noch einige der Hölzer an und begradigten die Hölzer, die zu sehr eingeklemmt worden waren. In praktischen 6er-Paketen verpackt und eindeutig beschriftet wurden die Pakete dann wieder in den Keller getragen.

Am nächsten Tag holte Eike Schwarz sie dann zum Abtransport an die Nuthe ab. Die Schule war zu diesem Zeitpunkt wegen der pädagogischen Tage leer – und die Sekretärin hatte ein Netzwerktreffen in der Schule. Trotzdem klappte das Abholen – vielen Dank an Steffi Meißner für die Geduld und Hilfe!

Am 19.3.2024 dann war der große Tag des Aufbaus unseres Geodomes an der Nuthe. Benno unterstützte uns beim Aufbau. Schon wieder bei wunderschönem Frühlingswetter starteten wir motiviert mit dem Bau. In den beiden Wochen davor hatten Lukas und Simon mit ihren Gruppen den Standort der Kuppel auf dem ehemaligen Mosaikbeet an der Nuthe eingeebnet und Rasenkantensteine als Anker besorgt und hingelegt. So konnte der Aufbau problemlos losgehen. Genau wie Marco in der Woche zuvor dirigierte nun Benno die Verknüpfung der Stäbe und unterstützt durch all die Ratschen, Maulschlüssel und Akku-Schnellschrauber von Eike konnten die nun schon erfahrenen Schüler:innen deutlich schneller arbeiten. Auch Michel Stein, der als Studierender an den Schulen den gesamten Bauprozess sehr kompetent und mit unerschöpflicher Energie begleitet hatte, war wieder mit dabei. Bis zur Mittagspause waren die beiden ersten Runden schon fertig. Nach einer Stärkung mit einer sehr leckeren Reis-Gemüse-Bowl am Feuer wurden die letzten Stäbe verbunden.

Wow. Was für ein Anblick – der Geodome inmitten des langsam zum Leben erwachenden Ackers – ein sehr beeindruckender, unglaublich ästhetischer Anblick. Auch von der Autobahn in der Ferne kann man die Kuppel sehen – was werden die Autofahrer wohl denken, was das ist?

Es fühlt sich so gut an, dass wir das geschafft haben, was wir im März schaffen wollten: den Aufbau des Geodomes an der Nuthe. Doch noch ist das Großprojekt nicht abgeschlossen. Es fehlt noch die Umhüllung mit einer Plane, die wir im April vornehmen wollen. Dazu werden noch Angebote eingeholt. Der Förderverein wird die Finanzierung der Plane übernehmen. Damit einher geht die Konstruktion von Belüftungsfenstern und einer Tür. Gut möglich, dass wir ein Dreieck als Tür nehmen werden – vielleicht bauen wir aber auch noch eine Ecke aus und um, so dass eine größere Tür entsteht. Wenn dieser Zeitplan hinhaut, steht dieses ungewöhnliche Gewächshaus schon für die Pflanzperiode dieses Jahres zur Verfügung und wir träumen von selbst gezogenen Tomaten, Paprika, Auberginen und Salatpflänzchen für den Acker.

Herzlichen Dank an alle Hände und Köpfe, die am Planungs-, Produktions- und Bauprozess beteiligt waren.

Besonders danken möchten wir für die Art der Patenschaft und Zusammenarbeit mit den Handwerkern – Marco, Benno und Jens -, die nicht nur einen sehr authentischen Einblick in einen ganzen Planungs- und Fertigungsprozess eines Produkts gegeben hat, sondern die Jugendlichen zum Mitdenken, Mitmachen und Mitgestalten angeregt hat.

Anne Ollmann, Kerstin Paul und Julia Schmirgal (Nutheverantwortliche an der Schule – im Namen aller anderen)

Ein Gewächshaus für die Nuthe